Wilhelm und Luise Marzinzik waren wahrscheinlich die wohlhabendsten Landwirte in Hinter-Lippa.[1] Ihr Hof war der größte im Ortsteil und als einzige dort besaßen sie ein Insthaus.[2] Eine Familie Marzinzik gab es in Lippa seit mindestens 1722.[3] 1903 überließen Wilhelm und Luise Marzinzik Teile ihres Grundstücks der Gemeinde Hinter-Lippa für den Bau einer Dorfstraße. Zu den Verhandlungen darüber musste beim Amtsgericht Johannisburg ein Dolmetscher hinzugezogen werden, weil Luise Marzinzik nur Masurisch beziehungsweise Polnisch sprach.[4] Als wohlhabende Landwirte genossen die Marzinziks wahrscheinlich ein hohes Ansehen in Lippa. Dafür spricht, dass Wilhelm Marzinzik 1934 als Pfleger für den noch minderjährigen Willy Trojan eingesetzt wurde, dessen Vater gestorben war. Als Pfleger hatte Wilhelm Marzin-zik die Aufgabe, Willy Trojan bei der Erbauseinandersetzung zu vertreten und dabei im besten Interesse des jungen Mannes zu handeln, der noch im selben Jahr volljährig wurde.[5]
Über weitere Familienmitglieder wie zum Beispiel Kinder ist nichts mehr bekannt. Es gibt nur zwei Hinweise auf andere Familienangehörige. Am 12. Februar 1943 wurde ein Gottlieb Marzinzik aus Oppendorf in Stettin von den Nationalsozialisten hingerichtet, weil er unter anderem Lebensmittelmarken hinterzogen hatte. Vor seinem Tod leitete er ein Wirtschafts- und Ernährungsamt.[6] Da außer seinem Heimatort und seinem Geburtsdatum [7] keine weiteren Informationen überliefert sind, ist nicht klar in welcher Beziehung Gottlieb Marzinzik zu Wilhelm und Luise Marzinzik stand. Der zweite Hinweis ist eine Vermisstenmeldung aus Das Ostpreussenblatt von 1963: Dort wurde eine Ida Marzinzik aus Oppendorf/Lippa gesucht.[8] Wie und ob Ida mit Luise und Wilhelm Marzinzik verwandt war und wer die Suchanzeige schaltete, muss jedoch ebenfalls im Dunkeln bleiben. Kein Mitglied der Familie Marzinzik stellte nach dem Krieg einen Antrag auf Lastenausgleich oder wurde in einem der Anträge erwähnt, sodass sich die Spuren der Familie mit dem Tod von Wilhelm Marzinzik 1939 verlieren.
[1] Vgl. Krzysztof A. Worobiec: Zagubione wioski Puszczy Piskiej, Teil 4, Vorder- und Hinter Lippa, in: Gazeta Piska, 28. März – 3. April 2014, S. 14.
[2] Vgl. Gerhard Wydra: Die 166 Dörfer des ostpreußischen Kreises Johannisburg. Stand: Vor der Flucht und Vertreibung. Band I, Ortspläne, Hamm an der Sieg 1997, S. 129 und ders.: Die 166 Dörfer des ostpreußischen Kreises Johannisburg. Stand: Vor der Flucht und Vertreibung. Band II, Ortskurzchroniken sowie die Namenslisten nach dem letzten Stand, Hamm an der Sieg 1997, S. 122. Instleute waren Menschen, die ihr Geld als Tagelöhner auf dem Hof von jemand anderem verdienten. Vgl. Deutsches Rechtswörterbuch Online, Eintrag: Instmann, Instleute: <https://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw-cgi/zeige?index=lemmata&term=Instmann> (zuletzt aufgerufen am 04.07.2021).
[3] Vgl. Folget Einnahm Geld […], Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStAPK), XX. HA, Ostpr. Fol. Nr. 4698, Bl. 111.
[4] Vgl. Grundakten des Amtsgerichts Johannisburg, Archiwum Państwowe w Olsztynie (APO) 295/3810, Bl. 39 – 41, Bl. 45f.
[5] Vgl. APO 295/3799, Bl. 63.
[6] Vgl. Stettin, Meldung, in: Die Grenzzeitung Nr. 48, 18.02.1943, <https://bibliotekacyfrowa.eu/Con-tent/8309/13063-0001.pdf> (zuletzt aufgerufen am 03.06.2021), o.S. (Seite 4 im Dokument).
[7] Er wurde am 29. Mai 1890 geboren, vgl. ebd.
[8] Vgl. Johannisburg, Gesuchte Personen, in: Das Ostpreußenblatt, Jahrgang 14, Folge 15, 13.04.1963, <https://ar-chiv.preussische-allgemeine.de/1963/1963_04_13_15.pdf> (zuletzt aufgerufen am 15.07.2021), S. 12.